Notarzt hat geschrieben:[...]
Woher kennt ihr diese ganze Liste mit Namen der beteiligten Personen?
Die größte verifizierte Liste wurde von einem Mitarbeiter von Breitbart ausgehoben: in Form des Leaks der
"GameJournoPros"-Gruppe auf Google, samt Auszügen aus deren Mail-Verkehr. Inhaltliche Absprachen, gegenseitige Hilfe beim Abtöten von Dissens seitens der User, alles schwarz auf weiß. In den letzten 5, 6 Wochen wurden alle paar Tage neue Namen öffentlich, die mit Gamergate irgendwie in Verbindung stehen, aber keine Mitglieder von "GameJournoPros" sind - so viel sei gesagt, es sind wirklich nahezu alle "Big Player" der "Gaming Press" dabei.
Mit Ausnahme von IGN.
Notarzt hat geschrieben:Zugegeben, ich habe mir NICHTS zu Gamergate durchgelesen. Schon gar nicht den Wikipedia Artikel. Dazu habe ich einfach nicht die Muße.
Die Kurzfassung (wirklich stark verkürzt):
Gamergate ist der Skandal rund um diverse Vertreter fast aller namhaften Online-Magazine, die sich mit Gaming befassen.
Achtung, Ironie: Nur IGN ist nicht dabei. Gerade IGN, das für mich immer schon als *das* Nest möglicher Korruption abseits von Gamespot galt. Was haben diese "Journalisten" also genau getan? Sie haben ihre Berichterstattung abgesprochen, um entweder ihre eigene oder die Agenda einer ihrer Freunde durchzusetzen. Eine Indie-Entwicklerin namens Zoe Quinn etwa hat sich (gefühlt) einmal quer durch die amerikanische "Gaming Press" gevögelt (das meine ich übrigens nicht sarkastisch, sondern wörtlich), um positive Berichterstattung zu bekommen und ihre Kritiker medial zu diskreditieren bzw. totschweigen zu lassen -
ein Fall von vielen. Zuletzt weitete sich der Skandal auch auf andere, nicht Gaming-spezifische Websites aus, darunter ArsTechnica, NeoGAF (dessen Moderatoren den korrupten "Journalisten" unter die Arme griffen, indem sie jegliche Diskussion zu Gamergate im Keim erstickten, mehrere hundert Threads löschten und noch mehr User gebannt haben), reddit (ebenfalls totales Verbot jeglicher Diskussion über Gamergate, Löschungen und Bans inklusive. Ein Moderator hatte sogar die Nerven, nebenbei mit Zoe Quinn über Twitter darüber zu sinnieren, wie toll es doch sei, Moderator-Privilegien auf reddit zu besitzen, und ob sie nicht einem Kaffee mit ihm trinken möchte

) und - ACHTUNG! - 4chan. Jawohl, Moot, Besitzer von 4chan, der Senkgrube des Internets, des "Wilden Westens", wo jede noch so große Perversion erlaubt und geduldet war, schlug sich auf die Seite von Quinn, Sarkeesian und Co. und wies seine Moderatoren an, ebenfalls Gamergate-Diskussionen zu löschen und User zu sperren.
Das Bemerkenswerte an Gamergate ist die schier endlose Arroganz der betroffenen "Journalisten", die, statt ihre Verfehlungen einzugestehen, auf die Gamer losgingen. Am selben Tag wurden auf 10 verschiedenen Websites 10 Artikel zum gleichen Thema publiziert (überhaupt nicht abgesprochen, versteht sich): Gamer sind tot. Der klassische Gamer - das männliche, weiße, heterosexuelle "Kellerkind" - hat sich überlebt, wir brauchen einen neuen, progressiven Gamer. Einen Gamer, der Wert legt auf Feminismus, Inklusion, Toleranz und all die anderen schönen SJW-Buzzwords, die auf Tumblr so beliebt sind. Oh, und jeder, der nur sein Hobby ausleben und sich nicht dieser politisch-soziologischen Bewegung anschließen möchte, ist ein rückständiger Frauen- und LGBT-Hasser und soll sterben gehen. Die Leit-Nachricht der "Journalisten" war quasi: Geht dir deine Zielgruppe auf den Geist (etwa, indem sie von dir etwas verlangt, was einer Form von Berufsethos ähnelt), tausche sie einfach aus. Ich scherze nicht - einmal mehr meine ich das wörtlich. Hier die Gamasutra-Variante der 10-Artikel-an-einem-Tag - (natürlich) aus der Feder von Leigh Alexander:
'Gamers' don't have to be your audience. 'Gamers' are over.
So, nun bist du mehr oder weniger auf dem aktuellen Stand. Ich hätte noch viel mehr zu berichten gehabt, z.B. die Strategie von Gawker Media, Betreiber von Kotaku, auf Gamergate: "Wir brauchen exzessives Cyber-Bullying, um das Gesindel zu vernichten" - und sie haben's probiert. Doch die Gamer hatten den längeren Atem und sorgten dafür, dass ein paar von Gawkers größten Werbeträgern, darunter Intel, ob des öffentlichen Shitstorms eingeknickt und abgesprungen sind, was den Konzern viel Geld kostete. Auch andere Websites haben stark gelitten, darunter Gamasutra und, vor allem, Polygon. 4chan hat Moots Aktion ebenfalls geschadet - derzeit findet dort ein Exodus zu 8chan (gesprochen: Infinite chan) statt, dessen Besitzer absolute Meinungsfreiheit garantierte. Auf anderer Front gibt's ebenfalls Ärger. So hat Anthony Burch, Lead Writer bei Gearbox (u.a.
Borderlands 2,
Borderlands: The Pre-Sequel!), in einem Anfall endloser Arroganz, Naivität und/oder Dummheit, konfrontiert mit Gamergate öffentlich eingestanden, dass er - vor Gearbox selbst "Journalist" und Feature Editor bei Destructoid - "natürlich" Freunde bei der Presse hat, die ihm/Gearbox bei der Promotion "geholfen" haben, und dadurch einen weiteren epischen Shitstorm begonnen. Ein
Ton-Mitschnitt einer Diskussion zwischen David Jaffe (Erfinder von
God of War) und Steven Totillo (Kotaku - und bis zum Hals im Gamergate-Skandal) wurde online gestellt, in der sich Jaffe darüber beschwerte, in einem Kotaku-Artikel von Kate Cox als Frauenfeind dargestellt worden zu sein, indem ihm aus einem vulgären Witz während eines GameTrailers-Interviews ein Strick gedreht wurde, was Totillo direkt einräumte. Es gäbe noch so viel mehr zu sagen, aber ich wollte mich eigentlich kurz fassen... - noch überrascht, wieso der Wikipedia-Artikel so lang ist?
Notarzt hat geschrieben:Ansonsten: Ich würde dieser Sache jetzt nicht zu viel Aufmerksamkeit widmen. Der totale Verfall respektive korrupte Strukturen der Medien wurde hier ja schon angesprochen. Dem gegenüber steht aber auch gleichzeitig eine sensationsgeile Öffentlichkeit, die nur darauf wartet, dass die nächste Skandalsau durchs Dorf getrieben wird. Wie schwer die heutigen Medien im Kern verfault sind, wird ja seid den Krisen der 2008er Jahre mehr als deutlich. Egal ob Europa, Energieversorgung, Umwelt- und Verbraucherschutz, Euro, Griechenland oder Ukraine: Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Und das angesichts solch wichtiger Themen! Dinge die essentiell sind für die bürgerliche Wohlstandsgesellschaft.
Das Faszinierende (bzw. Erschreckende) an Gamergate: es demonstriert die völlige Übermacht der Mainstream-Presse. Einschüchterung, Sex und Geld als Gegenleistung für Coverage, gezielter Rufmord und Manipulation - es geht hier um VIDEOSPIELE, um ein harmloses Hobby, aber man kommt sich vor, als hätte man es mit der verfluchten Mafia zu tun! Wie heftig muss es dann erst bei den Medien zugehen, die über Sachen berichten, die für unseren Alltag tatsächlich fundamental relevant sind? Ich muss ehrlich sagen, nicht einmal ich hätte mir dieses Ausmaß an Korruption je träumen lassen - "Journalisten", Entwickler, Publisher, alle sind Teil dieses Skandals. Völliger Irrsinn.
Dem Rest deiner Analyse kann ich nur zustimmen. Ich bin der selben Meinung. Zumindest werden aber ein paar Köpfe rollen - einige der Primäragitatoren gegen Gamergate werden dieses Spektakel beruflich nicht überleben. Spielt im Endeffekt natürlich keine Rolle, da nichts Besseres nachkommt. Trotzdem - alleine, sollte Leigh Alexander endlich einen harten Arschtritt bekommen, wär's die ganze Sache schon wert.
Gestern fand übrigens ein Live-Stream zu Gamergate statt, an dem, neben den von mir bereits positiv erwähnten InternetAristocrat und Sargon of Akkad u.a. auch TotalBiscuit teilnahm. Ich habe fand den Stream informativ und amüsant - falls also jemand 2 Stunden erübrigen kann,
hier der Mitschnitt... ^^